Copyright-Unfug: Harry Potter versus Wikipedia

Offenbar kämpft Harry Potter neuerdings gegen Wikipedia. Denn das Antipiraterie-Unternehmen Digimarc hat in den vergangenen Wochen im Namen von J.K. Rowlings Publishing-Plattform Pottermore eine Reihe absurder Link-Löschanträge an Google verschickt. So hätte der Suchbetreiber aufgrund angeblicher Copyright-Verstöße nicht nur die englische Wikipedia-Seite über Rowling selbst aus seinen Ergebnissen streichen sollen, sondern beispielsweise auch einen Eintrag zu altägyptischer Literatur. Zum Glück pfeift Google auf die Wünsche von Publishern, die allzu hemmungslos Löschanträge stellen. [...]

Digimarc bietet Dienstleistungen zum Schutz von geistigem Eigentum, wozu auch das Versenden von Link-Löschanträgen nach dem US-amerikanischen Digital Millennium Copyright Act (DMCA) zählt. Oft trifft das legitime Ziele wie illegale Torrent-Seiten. Seit März aber hat das Unternehmen im Namen von Pottermore auch richtig absurde Löschanträge gestellt. So erging an Google mehrmals – ironischerweise auch am 1. April – die Aufforderung, die Wikipedia-Seite zu J.K. Rowling aus den Suchergebnissen zu streichen. Einmal war die Begründung dafür ein angeblicher Verstoß gegen das Copyright für die spanische Fassung von „Harry Potter und der Orden des Phönix“.

Ein Löschantrag vom 8. März war indes ein absurder Rundumschlag des Potter-Imperiums, so „TorrentFreak“. Demnach hätten nicht nur Wikipedia-Einträge zu autorisierten Produkten wie einem Soundtrack und einem Videospiel aus Googles Suchergebnissen verschwinden sollen. Auch Seiten, die keinerlei offenkundigen Zusammenhang mit Harry Potter haben, waren betroffen – beispielsweise ein Beitrag über altägyptische Literatur oder eine Liste von Standards der Internationalen Elektrotechnischen Kommission.

Das Vorgehen gegen Wikipedia-Seiten ist ein Beleg für ein Problem, auf das Forscher erst kürzlich aufmerksam gemacht haben – nämlich, dass fast ein Drittel aller DMCA-Löschanträge zumindest fragwürdig sind. Pottermore ist mit seinen Wikipedia-Aktionen unter Publishern nicht allein. So hat Harper Collins in jüngster Vergangenheit Löschanträge gegen Einträge beispielsweise über die Fernsehserie „Beverly Hills, 90210“ sowie das Filesharing-Protokoll BitTorrent gestellt. Random House wiederum wollte erst Anfang April die Wikipedia-Seite über das vom Verlag publizierte Gore-Vidal-Buch „Hollywood“ aus den Google-Ergebnissen streichen lassen.

Der RTL-Mediengruppe war Ende März der deutsche Wikipedia-Beitrag zu „Alarm für Cobra 11 – Die Autobahnpolizei“ ein Dorn im Auge. Glücklicherweise hat Google hier ebenso reagiert wie bei überzogenen Wikipedia-Kink-Löschanträgen anderer Publisher. Das Unternehmen kommt offensichtlich ungerechtfertigten Forderungen nicht nach und macht sie im Google Transparency Report zur Wikipedia publik. Dieser zeigt auch, dass absurde DMCA-Löschanträge gegen Wikipedia-Artikel erst seit Ende 2015 häufiger auftreten. (pte)


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